Barrierefreie Webseiten für Städte und Gemeinden
Barrierefreie Internetpräsenz ist für Kommunen verpflichtend. Wir erklären die notwendigen Anforderungen und wie der Internetauftritt entsprechend gestaltet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Wer ist verpflichtet?
Die EU-Richtlinie 2016/2102 verpflichtet alle Verwaltungen, einschließlich Städte und Gemeinden, ihre Webseiten in einem barrierefreien Zustand zu halten, damit Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen die Inhalte leicht zugänglich machen können.
Die Erstellung von barrierefreien Webseiten ist nicht nur eine technische Anforderung, sondern auch eine Inhaltliche. Es reicht nicht aus, dass sich nur die Agentur um die barrierefreie Gestaltung der Website kümmert; die Inhalte selbst müssen auch barrierefrei gestaltet sein.
Für Bundesbehörden gilt nach § 11 BGG die Verpflichtung, die barrierefreie Gestaltung nach den anerkannten Regeln der Technik durchzuführen. Hierbei werden die Kriterien der BITV 2.0 angewendet, die auf den Web Content Accessibility Guideline (WCAG) in der Version 2.1 basieren.
Die verbindlichen Maßnahmen und Fristen für die Umsetzung von barrierefreien Webseiten in Gemeinden werden jedoch von den jeweiligen Bundesländern geregelt. Es ist daher wichtig, sich über die spezifischen Anforderungen und Fristen im eigenen Bundesland zu informieren.
Rechtsgrundlagen können sein:
- Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
- Das Sächsische Inklusionsgesetz (SächsInklusG)
- Das Sächsische E-Government-Gesetz (SächsEGovG)
- Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen
- Das Barrierefreie-Websites-Gesetz – BfWebG, ergänzt durch die die Barrierefreie-Websites-Verordnung BfWebVO.
Was ist digitale Barrierefreiheit?
Digitale Barrierefreiheit bezeichnet die Gestaltung von digitalen Produkten wie Webseiten, Apps, E-Learningsystemen und anderen digitalen Anwendungen in einer Weise, dass sie für Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen zugänglich sind.
Die digitale Barrierefreiheit umfasst verschiedene Aspekte, darunter:
- Sehbehinderte: Die Webseiten müssen auf einem Bildschirm lesbar sein, auch wenn der Benutzer keine speziellen Hilfsmittel wie Lesebrille oder Textvergrößerung benötigt.
- Hörbehinderte: Die Webseiten müssen auch für Menschen mit Hörbehinderungen zugänglich sein, z.B. durch die Verwendung von Transkripten oder Sprachausgaben.
- Körperbehinderte: Die Webseiten müssen auf verschiedenen Geräten und Plattformen zugänglich sein, wie z.B. auf Smartphones, Tablets oder PCs.
- Geistig behinderte: Die Webseiten müssen leicht zu verstehen sein und die Benutzer können sie ohne Schwierigkeiten nutzen.
Um digitale Barrierefreiheit zu erreichen, werden verschiedene Technologien verwendet, wie:
- WAI-ARIA (Web Accessibility Initiative - Accessible Rich Internet Applications): Eine Technologie, um Webanwendungen zugänglich zu machen.
- WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines): Ein Set von Richtlinien für die Gestaltung barrierefreier Webseiten.
- HTML5: Eine Markup-Sprache, um Webseiten und Anwendungen zu erstellen.
- CSS (Cascading Style Sheets): Eine Sprache, um die Aussehen und Verhalten von Webseiten zu definieren.
Die digitale Barrierefreiheit ist nicht nur ein rechtlicher Ansatz, sondern auch eine ethische Pflicht, Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen zu ermöglichen.
Wer ist die Zielgruppe?
Gruppen, denen digitale Barrierefreiheit gerecht werden muss:
- Sehbehinderte und Blinde: Menschen, die Schwierigkeiten haben, Texte auf einem Bildschirm zu lesen.
- Hörbehinderte: Menschen, die Schwierigkeiten haben, Audiokomponenten oder Audioinhalte zu verstehen.
- Menschen mit motorischen Einschränkungen: Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich an einem Computer oder mobilen Gerät zu bedienen.
- Sprachminderheiten und Migrantinnen/Migranten: Menschen, die nicht fließend Deutsch sprechen und Schwierigkeiten haben, Inhalte auf einer Web-Seite zu verstehen.
- Junior- und Senior-Nutzer: Menschen, die wenig Erfahrung in der Nutzung von Internetseiten haben und Schwierigkeiten haben, sich an neuen Technologien zu gewöhnen.
- Mobil-Nutzer: Menschen, die auf mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets surfen und Schwierigkeiten haben, Inhalte zu verstehen, wenn diese nicht responsive gestaltet sind.
- Suchmaschinen-Optimierung: Die Barrierefreiheit von Webseiten sollte auch dazu beitragen, dass Suchmaschinen die Inhalte besser zusammenhängend erfassen können.
- Menschen mit kognitiver Einschränkung: Menschen, die Schwierigkeiten haben, komplexe Informationen zu verarbeiten oder sich an neuen Technologien zu gewöhnen.
Fristen
Fristen für die Barrierefreiheit auf kommunalen Webseiten:
Ab dem 1. Oktober 2018 mussten alle neu online geschalteten Websites von Kommunen mit einer Erklärung zur Barrierefreiheit versehen sein. Diese Frist läuft am 30. September 2019 ab.
Ausnahmen:
Erläuterungen zu den Anforderungen des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) gelten nicht für Einrichtungen von Kommunen, wie z.B. Kindergärten, Schulen oder die Feuerwehr.
Verlängerte Frist:
Alle anderen Websites müssen die Kriterien der Barrierefreiheit bereits ein Jahr später erfüllen, d.h. ab dem 1. Oktober 2019.
Welche Anforderungen müssen erfüllt werden?
Tipp: In unserem kostenlosen Website Check kannst du bereits viele der folgenden Kriterien automatisch testen lassen und erhältst weitere Handlungsempfehlungen.
- Alternative Text-Inhalte: Es müssen Alternativen für Nicht-Text-Inhalte bereitgestellt werden, die sich an die individuellen Bedürfnisse der Nutzer anpassen können.
- Alternativen zu zeitgesteuerten Medien: Es sind Alternativen bereitzustellen für zeitgesteuerte Medien, um sicherzustellen, dass alle Nutzer Zugang haben.
- Multimodale Darstellung von Inhalten: Die Inhalte müssen so gestaltet werden, dass sie ohne Informations- oder Strukturverlust in verschiedenen Weisen dargestellt werden können, wie z.B. durch Text, Bild, Ton oder Video.
- Wahrnehmung und Unterscheidung von Vorder- & Hintergrund: Die Wahrnehmung des Inhalts sowie die Unterscheidung zwischen Vorder- und Hintergrund ist für Nutzer so weit wie möglich zu erleichtern.
- Tastaturzugänglichkeit: Für die gesamte Funktionalität muss eine Zugänglichkeit per Tastatur sichergestellt sein, um sicherzustellen, dass alle Nutzer die Website nutzen können.
- Lesegeschwindigkeit und Leserhythmus: Es muss ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden, um Inhalte zu lesen und zu verwenden, ohne dass sich die Lesegeschwindigkeit oder der Leserhythmus negativ auf die Lern- oder Arbeitsfähigkeit auswirkt.
- Epileptische Anfälle vermeiden: Bei der Gestaltung von Inhalten muss sichergestellt werden, dass durch diese keine epileptischen Anfälle ausgelöst werden können.
- Orientierungs- & Navigationshilfen und Hilfen zum Auffinden von Inhalten: Es müssen Orientierungs- und Navigationshilfen sowie Hilfen zum Auffinden von Inhalten zur Verfügung gestellt werden, um sicherzustellen, dass alle Nutzer die Website nutzen können.
- Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten: Texte müssen gut lesbar und verständlich gestaltet werden, um sicherzustellen, dass alle Nutzer die Inhalte verstehen können.
- Vorhersehbarkeit des Aufbaus und der Benutzung von Websites: Der Aufbau und die Benutzung von Websites muss vorhersehbar gestaltet werden, um sicherzustellen, dass alle Nutzer die Website nutzen können.
- Unterstützung für die Eingabe: Es sind unterstützende Funktionen für die Eingabe bereitzustellen, um Fehler zu vermeiden oder zu korrigieren.
- Kompatibilität mit Endgeräten und assistiven Technologien: Es ist sicherzustellen, dass die Website kompatibel mit verschiedenen Endgeräten (einschließlich assistiver Technologien) ist, um sicherzustellen, dass alle Nutzer Zugang haben.
Was ist zu tun?
Maßnahmen zur Umsetzung von Barrierefreiheit auf kommunalen Webseiten:
- Technische Voraussetzungen prüfen:
Bevor mit der Umsetzung von Barrierefreiheit begonnen wird, sollte geklärt werden, ob sich die eingesetzte Technik so erweitern lässt, dass die Webseite barrierefrei wird bzw. die neuen Anforderungen damit abgedeckt werden können. - Überarbeitung der Inhalte:
Nicht nur die Technik, auch die Inhalte müssen überarbeitet werden. Die aktuelle Version unseres Content Management System für Kommunen bringt die Voraussetzung dafür mit, dass die Inhalte barrierefrei erfasst und überarbeitet werden können. - Überprüfung der Konformität:
Nach Abschluss der Umsetzung der Barrierefreiheit kann entweder zur Überprüfung der Konformität eine kostenpflichtige Überprüfung durch eine entsprechende unabhängige Organisation wie Web for all erfolgen oder eine Selbstbewertung durchgeführt werden. - Eigenerklärung zur Konformität:
Auf die Internetseite gehört eine gut sichtbare Eigenerklärung zur Konformität (Mustererklärung für die Erfüllung der Konformität AA), die beispielsweise im Footer der Website verlinkt sein sollte. In der Erklärung muss der Hinweis auf eine Kontaktmöglichkeit aufgeführt werden. Auf Anfragen, die in Bezug auf die Barrierefreiheit bei der Kommune eingeht, muss diese innerhalb von vier Wochen antworten. Ebenfalls veröffentlicht werden muss ein Hinweis auf das Schlichtungsverfahren nach §16 BGG sowie die Verlinkung der Schlichtungsstelle. Diese Erklärung sollte mindestens einmal jährlich überprüft werden.
Profi-Tipp: Du hast Fragen zum Thema "Barrierefreie Webseiten für Städte und Gemeinden"? Wir beraten dich gern, kostenlos und unverbindlich!.
Was kann pdir für mich tun?
Als Digitalagentur unterstützen wir euch beim Aufbau einer barrierefreien Website von Anfang an. Wir untersuchen das bestehende Angebot, konzipieren mit euch den Relaunch und führen notwendige Konformitätstests durch.
Kontaktiert uns gerne, um euren kostenlosen und unverbindlichen Beratungstermin zu vereinbaren. Du erreichts uns per E-Mail suport@pdir.de oder telefonisch unter 03521 / 4767592.
Vorab kannst du bereits unseren kostenlosen Website-Check nutzen.
Weiterführende Links
- pdir Website Check
- WebAIM Contrast Checker: https://webaim.org/blog/webaim-color-contrast-checker/
- WCAG 2.1 Farb- und Kontrastrichtlinien: https://www.w3.org/WAI/standards-guidelines/wcag/glance/
- Praxisorientierte Accessibility-Checkliste https://a11y.digitaldialog.swiss/checklist
Hinweis: Keine Rechtsberatung! Stand: 04.09.2024
*******************
Liebe Leser,
Menschen sind nicht ausschließlich Frauen, Männer, weiblich, männlich, divers – Menschen können vielfältiger sein! Wir möchten euch ALLE als Menschen ansprechen, egal von welchem Geschlecht oder welcher Kultur. Sprachlich ist es schwierig, euch alle „richtig“ anzusprechen. Daher verwenden wir – auch für eine bessere Lesbarkeit – bei Personenbezeichnungen meist die männliche Form, wie Dienstleister oder Partner. Aber eins ist uns wichtig: Keiner soll sich ausgeschlossen fühlen.
Zudem sind wir Verfechter des DU #gernperdu und gestalten so unsere tägliche Kommunikation etwas lockerer und persönlicher. Auch hier gilt: Wir bringen allen die gleiche Wertschätzung entgegen.
*******************